Finanzielle Inklusion: Was sie leisten kann, was dafür nötig ist, wo sie funktioniert und wo es noch harzt.
Privilegiert, weil inkludiert
Editorial von Simon Rindlisbacher, Co-Redaktionsleiter
Es ist Donnerstag, 11.27 Uhr. Gerade habe ich im Coop an der Selbstbedienungskasse die paar Artikel gescannt, die mir für das Mittagessen noch fehlen. Dieses sollte idealerweise in einer guten halben Stunde auf dem Tisch stehen. Also noch schnell bezahlen, und dann ab nach Hause.
«Karte abgelehnt», meldet mir das Zahlterminal höhnisch, als ich die Debitkarte an das Gerät halte. Echt!? Da war doch noch Geld auf dem Konto. Zweiter Versuch: «Karte abgelehnt!» Das kann nicht sein. Ist die Karte vielleicht defekt? Ich fühle mich einen Augenblick lang entlarvt – wie meist in diesen Situationen. Handy zücken. Dann zahle ich halt mit Twint. Ich öffne die App und stelle fest: Das wird auch nicht gehen. Kontostand zu tief und Aufladen dauert drei Tage. Mit Herzklopfen krame ich schliesslich die Kreditkarte hervor – meine letzte Hoffnung. «In Verarbeitung» meldet mir das Zahlterminal und kurz darauf: «Zahlung erfolgreich».
Ich atme auf, packe ein und ziehe von dannen. Wieder entspannt – und in einem weiteren Lebensbereich total privilegiert, wie ich bei den Recherchen zu dieser moneta festgestellt habe: Ich habe mehrere Konten bei verschiedenen Banken, Debitkarten, eine Kreditkarte, Twint und auch noch Paypal. Ich kenne die Finanzdienstleistungen, die ich für mein Leben benötige, habe Zugang zu ihnen und nutze sie auch. Und wenn es mit dem einen Zahlungsmittel nicht klappt, habe ich Ausweichmöglichkeiten und müsste mir auch ohne kaum ernsthafte Sorgen um mein Wohlergehen machen.
Damit habe ich keine Ahnung, wie es den 1,4 Milliarden Menschen geht, die weltweit zu den «underbanked» oder gar «unbanked» zählen. Menschen, die kein Konto haben, keinen Kredit kriegen und nicht versichert sind – obschon ihnen dadurch das Leben wohl erleichtert würde und obschon sie damit eigenständiger und widerstandsfähiger werden könnten und vielleicht sogar der Armut entkämen. Viele dieser Menschen leben im globalen Süden, aber auch hier, mitten unter uns. Um sie geht es in dieser moneta und auch darum, wer was unternimmt, um ihnen Zugang zu all den Finanzdienstleistungen zu verschaffen, die ich so selbstverständlich nutze.
Diese Engagements werden in der internationalen Gemeinschaft unter dem Begriff «finanzielle Inklusion» zusammengefasst. Wir zeigen in dieser Ausgabe auf, was «finanzielle Inklusion» leisten kann. Wir erzählen Erfolgsgeschichten, machen sichtbar, wo es noch harzt – und lassen vor allem auch Betroffene zu Wort kommen. Jene, die aus eigener Erfahrung wissen, wovon wir hier schreiben.
Zur kompletten Ausgabe der moneta «Finanzielle Inklusion» geht es hier.
Über moneta
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moneta erscheint viermal jährlich auf Deutsch und Französisch, als Print- und Online-Magazin. Es wird von der Alternativen Bank Schweiz (ABS) herausgegeben und von einer unabhängigen Redaktion betreut.
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