Die Alternative Bank Schweiz und Caritas Schweiz lancieren gemeinsam das Projekt «Neustart». Es ermöglicht überschuldeten Menschen Zugang zu zinslosen Darlehen und unterstützt sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber ihren Gläubigern. Ziel des Projekts ist es, Betroffenen eine neue Perspektive zu bieten und ihnen den Ausstieg aus der Schuldenspirale zu erleichtern.
Über 61'000 Franken – so hohe Schulden hatten Personen, die sich 2023 bei einer Beratungsstelle des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz meldeten, im Durchschnitt. Der Schuldenabbau dauert oft Jahre, da viele Betroffene weder Ersparnisse noch finanziellen Spielraum haben. Deshalb nehmen sie häufig Kredite auf, um alte Schulden zu tilgen. Zudem suchen viele erst dann eine Beratungsstelle auf, wenn die finanzielle Last bereits erdrückend ist.
Diese Schuldenspirale wollen Caritas Schweiz und die Alternative Bank Schweiz (ABS) mit dem Projekt «Neustart» durchbrechen. Dafür haben sie eine einfache Gesellschaft gegründet. Diese gewährt überschuldeten Personen zinsfrei rückzahlbare Darlehen und unterstützt sie bei allfälligen Prozess- und Anwaltskosten.
«Das Besondere ist, dass die Darlehen zinsfrei vergeben werden», erklärt Marie Bitumba-Bousfield, Geschäftsleiterin des Projekts «Neustart». «Die betroffenen Personen können das Darlehen in Raten zurückzahlen, ohne für zusätzliche Zinsen aufkommen zu müssen. Dies entlastet den Schuldenabbau enorm und nimmt Druck aus dem System.»
Nur Fachpersonen können Gesuche stellen
«Neustart» ist allerdings kein Freibrief für Überschuldete. Gesuche für ihre Klientinnen und Klienten können nur Fachpersonen der Schuldenberatungsstellen einreichen, die Mitglied des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz sind. So stellen die Caritas und die ABS sicher, dass nur jene Personen Hilfe erhalten, die sich bereits in einer professionellen Beratung befinden. Zudem werden Betroffene unterstützt, die nicht über genügend Mittel verfügen, um selbst eine Lösung zu finden.
Mit «Neustart» leisten die ABS und Caritas gemeinsam einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensumstände von sozial benachteiligten Personen. «Eine Überschuldung ist mehr als ein finanzielles Problem – sie bedroht Existenzen und ganze Familien», sagt Marie Bitumba-Bousfield. Dies auch deshalb, weil eine Überschuldung oft gesundheitliche Probleme nach sich zieht: Betroffene kämpfen mit Stress, Schlaflosigkeit und sozialer Isolation, was das Privat- und Berufsleben belastet. «Für die ABS ist das Projekt ‹Neustart› eine tolle Möglichkeit, als Bank einen ganz konkreten Beitrag zur sozialen und finanziellen Integration von Menschen zu leisten», sagt Daniela Mattmüller, Koordinatorin Recht und Compliance bei der ABS.
Pro Fall maximal 30'000 Franken
Das Startkapital der einfachen Gesellschaft von Caritas Schweiz und der ABS beträgt eine Million Franken. Pro Fall können Fachpersonen maximal 30'000 Franken beantragen. Zinslose Darlehen müssen innert drei Jahren zurückbezahlt werden. Diese Frist empfiehlt der Dachverband Schuldenberatung Schweiz. Während dieser Phase begleiten die Beratungsstellen ihre Klientinnen und Klienten eng und unterstützen sie bei der Einhaltung des Schuldenabbauplans.
Mit «Neustart» ergänzen die Caritas und die ABS bestehende Hilfsangebote.* Während in Westschweizer Kantonen bereits öffentlich-rechtliche Entschuldungsfonds existieren, fehlen in der Deutschschweiz und im Tessin vergleichbare Lösungen. «Die Anzahl überschuldeter Haushalte zu verringern, liegt im Interesse der Gesamtgesellschaft», sagt Marie Bitumba-Bousfield. «Weil wir letztlich alle die Ausstände durch höhere Sozial- und Gesundheitskosten mittragen.»
Weitere Informationen
Bis heute sind beim Projekt Neustart zwei Gesuche eingegangen. Das erste ist Ende Oktober von einem Ausschuss, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Caritas und ABS, bewilligt worden. Das zweite wird derzeit geprüft.
Weitere Informationen zum Projekt «Neustart» : caritas.ch/schuldenberatung
Wichtig: Gesuche können ausschliesslich Fachpersonen der Schuldenberatungsstellen (Mitglieder des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz) stellen. «Neustart» nimmt keine direkten Anfragen von betroffenen Personen entgegen und die ABS auch nicht. Dadurch stellen die Caritas und die ABS sicher, dass nur jene Personen Hilfe erhalten, die sich bereits in einer professionellen Beratung befinden. Zudem werden Betroffene unterstützt, die nicht über genügend Mittel verfügen, um selbst eine Lösung aus der Schuldensituation zu finden.
* Caritas Schweiz setzt sich seit 2010 für Schuldenbetroffene ein. Zusammen mit ihren regionalen Partnerorganisationen und dem Dachverband Schuldenberatung Schweiz engagiert sich Caritas in der Prävention sowie Information und Beratung. Das Engagement umfasst vielfältige, grösstenteils kostenlose Angebote von Schulbesuchen zur Prävention über die Herausgabe von Ratgebern und Infomaterialien für Behörden bis zu persönlichen Beratungsgesprächen. Fachpersonen stellen auf Wunsch gemeinsam mit ihren Klientinnen und Klienten einen Plan für den Schuldenabbau sowie ein Budget auf und begleiten sie in der Umsetzung.
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Rico Travella
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ABS-Förderbereich: Soziale Integration
Soziale Integration ist einer von neun Förderbereichen der ABS.
Die ABS fördert innerhalb dieses Förderbereichs Projekte und Betriebe, die benachteiligten Bevölkerungsgruppen in der Schweiz die Teilnahme am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben ermöglichen.